Allgemeines

Im Handlungsleitfaden „Schritte zur Einführung einer kommunalen Fußverkehrsstrategie“ des Fachverbands Fußverkehr Deutschland, Berlin, FUSS e.V. von 2018 sind die wesentlichen Punkte für dieses städtebauliche Projekt beschrieben, nicht nur aus Sicht des Fußverkehrs. Dazu heißt es z.b. unter „Urbanität erhöhen“:

Da sich jede Bürgerin und jeder Bürger eine angenehme, attraktive und auch belebte Stadtumgebung wünscht, wird dieser Aspekt an den Anfang gestellt. Mobilität und Verweilen von Menschen, die zu Fuß unterwegs sind, bilden die wesentlichen Grundlagen für eine lebenswerte und urbane Stadt. Bekanntlich ermöglicht Straßenbau noch mehr Kfz-Verkehr und „ein besseres Radwegenetz lädt Menschen zum Radfahren ein. Durch eine Verbesserung der Verkehrssituation für Fußgänger[innen und Fußgänger] wird aber noch mehr als das erreicht: Die Stadt wird lebendiger und kommunikativer! [... Das Gehen] bietet die Chance für direkte Begegnungen von Mensch zu Mensch, Aufenthalte im Freien, Erlebnisse und Informationen und viele andere Freuden des Lebens. Ein Gang durch die Stadt ist eine besondere Form der Gemeinschaftspflege [...].“ Darauf weist der Stadtplaner Jan Gehl hin, der Planung und Politik dazu ermuntert, die Menschen zum Gehen, Sitzen und zur Kommunikation „einzuladen“. Dabei ist ein belebter Straßenzug oder Platz nicht mit „Betriebsamkeit“ zu verwechseln. „Vitalität und Beschaulichkeit, Ruhe und Frieden sind allesamt wünschenswerte und kostbare urbane Qualitäten.“[> Gehl] kann gerne ein Exemplar besorgen, gibt es auch unter https://fussverkehrsstrategie.de/hlf.html .

 Unter diesen Prämissen haben wir die Örtlichkeiten und die vorgelegten Entwürfe der Preisträger geprüft und bewertet- Wollen aber nun keine Einzelkritik machen, sondern die Fakten benennen, die eine attraktive Zwischenlösung darstellen könnte:

  • Bis zur großen Lösung mit einem Parkhaus der KSK müssen möglichst viele Parkplätze erhalten werden, um auswärtigen Fußgängern aus der Region und Bürgern aus den Stadtteilen den Besuch der Innenstadt (Einkaufen, Arztbesuche, Fachgeschäfte, Bummeln, Chillen …) komfortabel für diese Aktivitäten zu ermöglichen. Der Konkurrenzkampf mit den Einkaufszentren, aber auch mit den umliegenden Städten um die Kunden/Besucher wird eher noch zunehmen. Die Bewohner des Innenstadtbereichs selbst sichern allein nicht das Überleben der Innenstädte, auch nicht in Ludwigsburg.
  • Als Zwischenlösung schlagen wir aber vor, den bisherigen Parkplatzbereich an der Nordseite abzutrennen, um einen attraktiven Aufenthaltsbereich gestalten zu können, mit Spielplatz, Bänken, evtl. Bewirtungsstand und als Grünbereich aufgewertet.
  • Im Nordbereich wäre auch ein Radparkhaus zu prüfen, um ein sicheres Abstellen anzubieten, in Verbindung mit einem öffentlichen WC.
  • Ebenfalls eine Einengung des bisherigen Parkplatzbereichs sollte es an der Südseite geben, um die Wegverbindung für den Fuß- und unbedingt getrennten Radverkehr breiter und benutzerfreundlicher zu gestalten. Zielrichtung wäre die Wilhelmstraße bzw. der genannte Aufenthaltsbereich an der Nordseite.
  • Die restlichen Parkplätze sollten als Kurzparkbereiche ausgewiesen werden mit max. 1 Stunde, um einen Durchsatz sicher zu stellen. Die bisherigen Grüneinrichtungen (Büsche, Bäume) müssen erhalten bleiben oder erweitert werden (Bienen!). Zum notwenigen Sicherheitsgefühl muss der gesamte Platz nachts gut ausgeleuchtet ggfs. Video-überwacht werden.
  • Der Durchgang zum Arsenalgarten muss Fußgängern vorbehalten bleiben, da dieser als „Ruhezone“ mit Bänken im Stadtgetriebe gesehen werden muss, wie schon bisher. Die Seestraße ist sowieso Fußgängern vorbehalten (dringende Überwachung!)
  • Der Parkplatz im südlichen Teil kann bei dieser Zwischenlösung wie bisher verbleiben, mehr Grün ist zu prüfen.
  • Der Schillerplatz soll nach hiesiger Auffassung als „Entree“ für die Innenstadt mit der derzeitigen üppigen Blumengestaltung erhalten bleiben, um Bahn-Besucher mit der Stadt des Blühenden Barock bekannt zu machen, evtl. Info-Tafeln zu dieser Einrichtung.
  • Dann sollte man die Chance nützen, auf diesem zentralen Platz besonderes zu gestalten, z.B. einen künstlerischen Großbrunnen oder aber als Ergänzung zum Schillerdenkmal eine StelenAllee mit Büsten herausragender Persönlichkeiten der Stadt, quasi eine „Walhalla“ als identifizierendes und integrationsstiftendes Kunstwerk für die Ludwigsburger Bürger. Eine außerordentliche Sehenswürdigkeit für alle Besucher, aber auch für „Klasse im Freien“.
  • Die Parkplatzflächen am Straßenstück östlich des Platzes können u. E. aufgehoben und dem Platz zugeschlagen werden, um die Einengung aufzulösen. Der Kfz.-Verkehr muss um den Platz geleitet werden.
  • Damit gewinnt man auch einen großzügigen Fußgängerverbindungsbereich, auch kann eine Fahrradstraße eingerichtet werden, Ausnahmen für die An-/Abfahrt Parkplatz, aber ohne Durchfahrt. Diese Fahrradstraße wäre eine attraktive Radwegverbindung zur Innenstadt, zur Nordstadt/Eglosheim besonders auch als Schulradweg.
  • und Wilhelmstr. müssen zur Verbesserung der Sicherheit und Akzeptanz der Radelnden mit sog. verpflichtenden Radschutzstreifen versehen werden. Über die Stern-Kreuzung hinaus in die Schorndorfer Str. hinein.
  • Maßnahmen zur Rückbildung des Durchgangs-Kfz. - Verkehr von Ost nach West ist zu prüfen, Busverkehr-Führung ist aber zwingend für eine kurze Erreichbarkeit für Fußgänger.
  • Keine Car-Sharing- oder Regiorad-Stationen, die nur unnötig Verkehr verursachen würden, den man ja zurückführen will.

 

Mit diesen Vorschlägen, die sicher finanziell gestemmt werden könnten, würde man die genannten Plätze im Rahmen dieser Möglichkeiten deutlich aufwerten, sich aber nicht die Zukunft für anderes verbauen.

 

Kurz zu den drei Entwürfen, wobei die Pläne im Internet nicht gezoomt werden können, vielleicht ist uns deshalb manches nicht aufgefallen oder unrichtig interpretiert:

 

  • Der Schillerplatz wird mehr als stiefmütterlich behandelt, alle Entwürfe überzeugen demnach nicht.
  • Beim Arsenalplatz sollte seine Historie als Exerzierplatz aufgenommen werden, also mit einer kleinen Freifläche zumindest, ggfs. mit Pflasterspielen für Kinder, also nicht einfach alles mit Bäumen vollgestellt und „tote“ Kiesbereiche! Geplante Wege müssten zielführend sein und keinem Grafik-Muster entsprechen, sollten auch getrennte Fuß-/Radwegführungen vorsehen und eben halt auch zur erhöhten Aufenthaltsqualität, die wir so auch nicht unbedingt sehen, besonders beitragen.
  • Wir vermissen auch insektenfördernde (Bienen) Pflanzen und Büsche, man könnte auch an „urban gardening“ denken.
  • Wir vermissen auch deutlich sichtbare StadtKunst z.B. Großplastiken u. ä.

 

Eine tiefergehende Stellungnahme lohnt aber nicht, da die Umsetzung der Pläne zeitlich und tatsächlich ungewiss ist. Für eine teilweise Umsetzung überzeugen aber die Entwürfe nicht, würden dann fast teure Neuplanungen erfordern. Die geforderte attraktive Zwischenlösung kann aber sicher städteplanerisch von Experten der Stadt geschultert werden. Und das städtebauiche Umfeld, die gefürchtete Verödung der Innenstädte,  wird sich dann später im Zweifel ganz anders darstellen und bedarf möglicherweise das Setzen anderer Schwerpunkte.

 

Wir hoffen, mit unseren Ausführungen zur Meinungsbildung beigetragen zu haben. Weitere Infos gerne.

 

Stand 10.8.2020/PJGauß, Leiter/Sprecher FUSS e.V.-Ortsgruppe Remseck+Umgebung