Zusammenfassung der Rechtsgrundlagen

Teil 4 Mehr empfundene RadFreude durch optimalere Radwege-Führungen

 FußverkehrsChecks Remseck 2020/2021

A) Allgemeine Übersicht: „Fahrradfahren ist schnell, gesund, umweltfreundlich, klimaschonend, günstig, angesagt und förderungswürdig. Bis zu 30 % der Autofahrten können durch das Fahrrad ersetzt werden“. Weiteres: https://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr-laerm/nachhaltige-mobilitaet/radverkehr#vorteile-des-fahrradfahrens . Der Fachverband Fußverkehr Deutschland beteiligt sich am sog. Umweltverbund, zu dem außer Fußverkehr, auch Radverkehr und öffentlicher Nahverkehr gehört. Es bleibt aber bei allen Zahlen festzuhalten, die man bei E-Scooter als Autofahrtersatz ja auch wieder zurück nehmen musste, dass der weit überwiegende Teil der Radler im Freizeitbereich, Sportbereich unterwegs ist. Natürlich kann man diese Bereiche auch fördern, aber nicht mit Zig-Millionen an Steuergeldern, es gibt genügend verkehrsarme Nebenstraßen und erlaubte Wege, um diesem Hobby zu frönen. Eine kürzlich veröffentliche Untersuchung zur Innenstadtqualität von Bietigheim zeigt die „wahre“ Dimension z. B. im Einkaufsbreich. Gerade mal 6% fuhren demnach mit dem Rad in die Altstadt zum Einkaufen/Bummeln. Beim direkten, alleinigen Fahren als Pendler sieht es im Zweifel nicht anders aus, zum Fahren zur nächsten Haltestelle sicher etwas mehr. Durch das Verbundsystem beim öffentlichen Nahverkehr aber dort ja meist im Fahrpreis enthalten und deshalb nicht besonders attraktiv. Nur bei schlechter ÖNPV-Verbindung, die aber dann geändert werden müsste.

Man muss sich aber mal die Dimension dieser allein auf möglichen Zuwachs vertrauende Politik von VM Hermann seit 10 Jahren vor Augen führen:  „Baden-Württemberg macht das Radpendeln attraktiver und investiert in gute und schnelle Radwege. Zum Ausbau der kommunalen Rad- und Fußverkehrsinfrastruktur wurden 93 neue Projekte im Förderprogramm 2018 bis 2022 aufgenommen. Dafür stehen insgesamt 46 Millionen Euro zur Verfügung“. Dann noch die Radschnellwege, z.B. Um die Baulast für diese Strecken übernehmen zu können, wird derzeit das Straßengesetz angepasst. Zusätzlich fördert das Land ein kommunales Pilotprojekt auf der Strecke Böblingen/Sindelfingen-Stuttgart mit zirka 1,7 Millionen Euro sowie über kommune Machbarkeitsuntersuchungen für mehr als 40 weitere Strecken. In wie viel Schulen und Kitas könnte man da bröckelnde Fassaden, zerbröselnde Fenster usw. beheben! Wir alle benötigen im unserem verdichteten Großraum eine optimale, diversifizierte Mobilität, auch mit dem Fokus auf Nachhaltigkeit, nur muss es wirklich dieser anscheinend alternativlose, immens teure Radwegehype sein?  Vielmehr brauchen wir einen optimalen Mix aus allen Verkehrsträgern, um der Zukunft gerecht zu werden und unseren Wohlstand zu erhalten und zu sichern.

Wohltuend dagegen die Aussagen des neugewählten OB Nopper von Stuttgart dazu: (https://www.spiegel.de/politik/deutschland/stuttgart-frank-nopper-im-interview-a-15729f05-f8f5-4869-ad58-bce355b3e1a1 ): Ich bin ein Gegner der radikalen autofreien Innenstadt. Ich bin Realist genug, um zu wissen, dass das Auto in den deutschen Innenstädten an Bedeutung verliert. Aber es wird eine Bedeutung behalten, wenn wir eine vitale Innenstadt wollen. Denken Sie an Mobilitätseingeschränkte, an Ältere, an Kranke, denken Sie an die Dienstleistungs-, Liefer- und Handwerksverkehre. All die brauchen das Automobil. Und ich bin auch ein Anhänger von Wahlfreiheit. Deswegen bin ich der Meinung, dass wir eine Lösung mit Maß und Mitte finden müssen – und keine radikal einseitige“.

B) Rechtsgrundlagen Radwege: Verweise auf Teil 1 zu den Rechtsnormen bei Bau und vor allem bei Anordnung eines Radwegs. Ich verweise nochmal: Nach § 45 Abs. 9 StVO sind Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen (also auch jede Art der Zulassung des Radverkehrs außerhalb des Grundsatzes nach § 2 StVO) nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände erforderlich ist. Und wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der durch die StVO geschützten Rechtsgüter erheblich übersteigt. Von dieser strengen Regelung sind nach 45 Abs. 9 Satz 3 Radwege nicht ausgenommen (Schurig S. 770). Wenn man diesen Maßstab anlegt, dann müssten nahe 100% der Radwege falsch angeordnet sein, denn  dieser übererheblichen Gefahrenlage kann man durch den Verweis auf einen zumutbaren Umweg begegnen. Und Radfahrer haben keinen Rechtsanspruch, ausgerechnet an einer gefährlichen Hauptstraße zu Radlern, wobei durch die neue Abstandsregel mit 1,50 m/2,00 m einiges an Gefährdung, nach eigener Wahrnehmung,  entfallen ist. Und auch hier gilt:  Dabei ist es ja in einem Rechtsstaat wie der BRD jedem unbenommen, Gesetze, die einem nicht passen, auf dem Rechtswege zu ändern, also dafür Mehrheiten zu suchen. Weil man aber vermutet, dass  diese Mehrheit bei weitem wohl nicht gegeben ist, versucht man es „hintenrum“ mit Anweisungen/Radwegebeauftragte usw.  z. B. in der „Radstrategie“ des bisherigen Verkehrsministers Hermann: „8.3 Rechtsrahmen Im Vollzug bestehender Rechtsnormen werden die Potenziale für eine fahrradfreundliche Auslegung der bestehenden Handlungsspielräume aktiv und bewusst ausgeschöpft. … Die bestehenden Regelungen des Straßenverkehrsrechts werden nach Möglichkeit im Sinne einer Förderung des Radverkehrs und der Radverkehrssicherheit ausgelegt und umgesetzt. Umsetzungsdefiziten, beispielsweise bei gemeinsamen Führungen von Rad- und Fußverkehr und der Radwegebenutzungspflicht wird aktiv entgegengewirkt“. Nach meiner Meinung ist das eine Aufforderung zum Rechtsbruch, doch viele Verkehrsbehörden im Land scheinen gerade danach zu handeln.

Im Zuge der FCs haben wir einige, viele der Checker sind ja auch Radler, fehlende, verbesserungswürdige Radstrecken aufgezeigt. Ansonsten wäre es vielleicht sinnvoll, die Radverbindungen einer grundsätzlichen Betrachtung zu unterziehen, was allerdings nicht unser Fokus ist. Wir sehen da den ADFC in der Pflicht, die, eingeladen, bei unseren FCs ja nicht mitmachten.

26.3.2020/PJGauß, Remseck