Teil 1 „Mehr sicheren, ungestörten Platz für alle Fußgänger auf ihren Wegen“

Für die Projektphase „einheitlicher Wissensstand“ habe ich mich nochmal und grundlegend mit der Thematik gemeinsame Fuß-/Radwege befasst, aus vielen Beschwerden ersichtlich das größte Problem zwischen den beiden Verkehrsarten. Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass die meisten Fuß-/Radwege nach Z240, Z241 und Z239 mit Rad frei den Rechtnormen widersprechen, überall und nicht nur in Remseck!

Die erste und größte Hürde für die Verkehrsbehörden ist die eindeutige Regelung: Radfahrer müssen als Fahrzeugbenutzer auf der Fahrbahn fahren. Will die Verkehrsbehörde davon abweichen, dann ist zu beachten: Nach § 45 Abs. 9 StVO sind Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen  (also auch jede Art der Zulassung des Radverkehrs außerhalb des Grundsatzes nach § 2 StVO) nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände erforderlich ist. Und wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der durch die StVO geschützten Rechtsgüter erheblich übersteigt. Dies muss die Verwaltungsbehörde also bei Anordnung begründen und dokumentieren.

Kann für diese von ihr zu begründende übererhebliche Gefahrenlage für Radfahrer nicht durch viele möglichen Maßnahmen vorrangig abgeholfen werden, dann muss die Verkehrsbehörde in einem mehrstufigen Prüf- und Abwägungsprozess weitere Möglichkeiten checken, an dessen allerletzem Ende ein Gemeinsamer Fuß-/Radweg angeordnet werden könnte, wenn denn noch weitere Voraussetzungen, z.B. Weg-Mindestbreite u.a. vorliegen. Der Gesetzgeber will mit diesen eindeutigen Regelungen dem Fußgänger Sicherheit und Ungestörtheit auf seinen Wegen gewährleisten. Die Entscheidungen der Verkehrsbehörden dürfen aber weder von persönlichen Auffassungen („z.B. ideologisch, gar parteipolitisch“) noch von sachfremden Erwägungen („weil Radfahren als Hobby des Entscheiders, gar RadLobbyist“) getragen werden. Sie sind unter Beachtung der Grundsätze des Vertrauensschutzes der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit zu treffen (Folge aus Art. 20 abs. 3 GG, wonach die Verwaltung an Gesetz und Recht gebunden ist) so (Schurig S.768/769 mit weiteren Ausführungen).

In einem Leitfaden samt CheckListe für Verkehrsbehörden habe ich das vorgegebene Verwaltungsprocedere dargestellt.  https://www.remseck-zu-fuss.de/rechtsgrundlagen/828-leitfaden-und-checkliste-fuer-gemeinsame-fusswege-und-radwege . Angesichts des doch überraschend umfangreichen, offensichtlich falschen Verwaltungshandeln bei dieser Thematik, habe ich mich der fundierten Kenntnissen von Herrn Roland Schurig, Verfasser des gleichnamigen anerkannten und führenden Kommentars zur StVO vergewissert, also ein tief in der Materie verwurzelter Verkehrsrechtsexperte. Herr Schurig stimmt meiner Auffassung zu, er teilt dazu eindeutig mit:

„Kraft- und Radfahrer müssen deshalb stets auf Fußgänger besondere Rücksicht nehmen und, Fußgängerflächen dürfen von niemanden angetastet werden, selbst wenn das aus Sicht der Rad- oder Kraftfahrer angeblich nicht anders geht. Die Anlage gemeinsamer oder getrennter Geh- und Radwege sind deshalb nach einem strengen Prüfungsverfahren aller letzter Ausweg. Ich bin sicher, dass sich viele Straßenverkehrsbehörden darüber hinwegsetzen und eher den bequemeren Weg gehen, um Forderungen der Radfahrverbände entsprechen zu können. Ich stimme Ihnen zu, dass es nicht nur Aufgabe des Fuss e.V. ist, diesen Tendenzen im Sinne Ihrer Aufrufs aus der Anlage zu Ihrem Schreiben entgegen zu steuern. Auch ich bin gern bereit, in der nächsten Auflage des Kommentars da und dort noch einige „Lanzen für den Fußgängerverkehr“ zu brechen, um ihm mehr Aufmerksamkeit, Wertschätzung und Sicherheit zu verschaffen“.

Teil 2 – „Mehr Sicherheit durch mehr FGÜs (Zebrastreifen), für Kinder, Ältere und gehandicapte Mitmenschen“

Zebrastreifen sind eine von mehreren Möglichkeiten zur Sicherung des Fahrbahnüberquerens von FußgängerInnen im Innerortsbereich. Neben (mit Ampeln) signalisierten Fußgängerfurten sind auch Zebrastreifen Überquerungsstellen, an denen die Straßenverkehrs-Ordnung das Überqueren besonders sichert. Mittelinseln oder Mittelstreifen mit guten Sichtbeziehungen können ebenfalls eine gute Sicherheitsbilanz aufweisen.

StVO: An Zebrastreifen haben Fußgänger, die die Fahrbahn erkennbar queren wollen, gegenüber Fahrzeugen Vorrang, also auch gegenüber Radfahrer. Der Zebrastreifen muss auch über Radwege geführt werden. § 26 StVO.

Nach § 45 StVO ist bei allen verkehrsbehördlichen Anordnungen eine sorgfältige Prüfung der örtlichen Verkehrssituation erforderlich. Gemäß § 45 Absatz 9 Satz 1 und 2 StVO sind „Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen ... nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten ist. ... (Es) dürfen insbesondere Beschränkungen ... des fließenden Verkehrs nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt.“

Dabei ist das pflichtgemäße Ermessen der Behörden zur Einrichtungen von Zebrastreifens eingeschränkt durch die wirklich „starke“ Formulierung: „Die Sicherung des Fußgängers beim Überqueren der Fahrbahn ist eine der vornehmsten Aufgaben der Straßenverkehrsbehörden und der Polizei. Es bedarf laufender Beobachtungen, ob die hierfür verwendeten Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen den Gegebenheiten des Verkehrs entsprechen und ob weitere Maßnahmen sich als notwendig erweisen“.

Das Land BW z.B. hat deshalb die Einsatzbereiche von Zebrastreifen im Rahmen seiner Zuständigkeiten mit dem Leitfaden gezielt dort erweitert, wo weniger als 50 FußgängerInnen, aber besonders Schutzbedürftige an einer bestimmten Stelle regelmäßig überqueren. Zu den besonders Schutzbedürftigen zählen Kinder, Mobilitätseingeschränkte wie etwa Blinde oder Sehbehinderte und ältere Menschen. Für die Sicherung regel-mäßig überquerender Kinder sind dabei die Wege besonders wichtig, die zur Schule, aber auch zu Freizeitzielen führen.

 

Teil 3: „Mehr Verkehrsberuhigung und Lärmminderung durch Geschwindigkeitsreduzierung und Durchfahrverbote“

Viele BürgerInnen fühlen sich in ihrer Lebensqualität durch Lärm und Abgase beeinträchtigt. Kommunen können Tempolimits als Schutzmaßnahme jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen anordnen. Diese sind in der vom Bund erlassenen Straßenverkehrs-Ordnung geregelt. Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Straßen des so genannten überörtlichen Verkehrs - also Bundes-, Landes- und Kreisstraßen - sind nach 45 Abs. 9 StVO möglich, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung erheblich übersteigt. Anders sieht es in Wohngebieten aus: Außerhalb des Vorfahrtstraßennetzes müssen VerkehrsteilnehmerInnen jederzeit mit Tempo-30-Zonen rechnen. Bei Wohngebieten ist dies bisher nicht negativ gecheckt worden.

Für Ortsdurchfahrten bedeuten die Einschränkungen der StVO jedoch, dass Tempolimits aus Gründen der Verkehrssicherheit nur dann angeordnet werden können, wenn eine konkrete Gefahrenlage vorliegt und ein über das normale Maß hinausgehendes Unfallrisiko besteht und es keine andere Möglichkeit gibt, die Verkehrssicherheit zu verbessern. Eine Gefahrenlage besteht auch, wenn eine Unfallhäufung vorliegt.  Eine pauschale Beschränkung ist nicht möglich.

Seit Dezember 2016 gibt es aber die Möglichkeit der erleichterten Anordnung von innerörtlichen streckenbezogenen Geschwindigkeitsbeschränkungen von Tempo 30 km/h auf Straßen des überörtlichen Verkehrs oder auf weiteren Vorfahrtstraßen im unmittelbaren Bereich von an diesen Straßen gelegenen Kindergärten, -tagesstätten, -krippen, -horten, allgemeinbildenden Schulen, Förderschulen, Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern. Die Aufzählung ist abschließend.

Für die Prüfung, ob ein Tempolimit aus Lärmschutzgründen angeordnet werden kann, sind die Lärmschutz-Richtlinien-Straßenverkehr 2007 eine wichtige Orientierungshilfe. Die Stadt Remseck hat leider aber bisher keinen Lärmaktionsplan, der dafür Grundlage wäre.

Teil 4 – Mehr empfundene RadFreude durch optimalere Radwege-Führungen

Durchgehende Radwegeverbindungen sind ein wichtiger Teil der nachhaltigen Mobilität und haben als Grundlage oft einen Radroutenplan. Die Stadt Remseck hat bisher keinen Radroutenplan als strukturierte Verbindung zu seine Ortsteile, die vielen grün/weißen Radweisungen sind reine touristische Rad-Durchgangsrouten im Rahmen des Landesradnetzes, dazu oft rechtswidrig auf Fußverkehrsflächen geführt. Die Voraussetzungen für die Anordnung von Radwegen ist in Teil 1 genannt. Einige sicher wünschenswerte Rad-Routenführungen sind im FC angesprochen.

 

Teil 5 – „Mehr gefühlte Aufenthaltsqualität durch beruhigte Plätze und buntblühende-grüne Anlagen und Parks

Das Verweilen im öffentlichen Raum trägt dazu bei, dass Städte und Ortskerne als attraktive urbane Räume wahrgenommen werden und durch soziale Interaktionen Öffentlichkeit entsteht. In Remseck sind, abgesehen von kleineren Anlagen/Bänke/Brunnen uvam. in allen Ortsteilen die öffentlichen Flächen am Neckarstrand und rund ums Rathaus zu nennen. Die Aufenthaltsqualität in diesem „Herz“ von Remseck muss durch Anordnungen im Rahmen der StVO wie Fußgängerweg bzw. flächige Fußgängerzonen sichergestellt und erhöht werden, um ein ungestörtes Genießen, Bummeln, Verweilen der Bürgerschaft mit Kindern in ihrer „Mitte“ zu ermöglichen. Oft nur durchfahrende RadBenutzung muss gebündelt und in „Spitzenzeiten“ an Wochenenden verlangsamt bzw. große Bereiche, zum Schutz der Remsecker Bürger, ganz gesperrt werden. Für die beiden Holz-Fußgängerbrücken sind Lösungen zu entwickeln, damit sich beide Verkehrsarten nicht in die „Quere“ kommen, Rechtsgrundlagen ergeben sich aus der StVO. Für den Landschaftspark Neckaraue in Hochberg als einzige größere erschlossene Neckarufer- und Naturerlebnisfläche muss dem Parkbesucher vorbehalten bleiben. Instrumente ergeben sich aus den Naturschutzgesetz BW, Radrouten sind auf der anderen Neckarseite ausreichend vorhanden.

 

Teil 6 – Mehr erholsamer Naturgenuss durch ungestörtes Fuß-Unterwegssein in Wald und Flur

Die vergangenen (und künftigen?) Corona-Beschränkungszeiten mit dem verstärkten Anspruch der Menschen nach schönen Naturerlebnissen, zu Fuß oder mit Rad, haben deutlich gemacht, dass die Infrastruktur für dieses Freizeitverhalten oft nicht gegeben ist. Es fehlt an Parkplätzen an Landstraßen, dafür wird verstärkt mit dem Auto parkplatzsuchend auf den Feldwegen rumgefahren, es fehlt an Bänken und Sitzgruppen als grüne Oasen in der ausgeräumten Feldflur, auch an Spielplätzen, nicht nur im Wald, an sauberen, sicheren, vor allem ausreichend breiten Wegen für Fußgänger und Radfahrer bei den offensichtlichen Ansprüchen der Landwirtschaft an immer breiteren Traktoren/Anhänger/Maschinen.

Der Gesetzgeber hat zum Schutz der Natur, der Tiere, der Menschen eigentlich unmissverständliche Vorgaben für die Behörden gemacht, obwohl auch hier gilt: Die Entscheidungen der Behörden dürfen aber weder von persönlichen Auffassungen noch von sachfremden Erwägungen getragen werden. Sie sind unter Beachtung der Grundsätze des Vertrauensschutzes der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit zu treffen (Folge aus Art. 20 abs. 3 GG, wonach die Verwaltung an Gesetz und Recht gebunden ist).

Für die Wälder hat das Landeswaldgesetz klare Nutzervorgaben gemacht, die bekannteste ist die für Radfahrende mit mindestens 2 Meter Weg-Breite. Der Schwäbische Albverein z.b. will weiterhin ausdrücklich daran festhalten, denn er sieht sonst für „seine“ Wanderer keinen ungetrübten Wandergenuss mehr, wenn man ständig auf daher brausende,  wegklingelnde Radfahrer reagieren muss. Die zuständigen Forstbehörden jammern wohl regelmäßig über den Patient Wald, ja auch Klimaretter Wald, sind aber nicht, wohl wegen immensem Druck der Mountainbike-Verbände und Teile der Politik nicht mal in der Lage, das illegale Querwaldeinfahren durch das Unterholz zu unterbinden, das den natürlichen Aufwuchs, aber auch Klein(st)lebewesen den Garaus macht, andere Tiere und Vögel erschreckt und vertreibt. Auch natürlich auf schmalen ausgewiesenen Wanderwegen, die zerfurcht und zerfahren werden. Bei unserer geringen Waldfläche mit damit besonderem Erholungswert muss erst recht in den Remsecker Waldstücken diese Verbote durchgesetzt werden.

Für die Wiesen- und Feldflur macht der Gesetzgeber im Landesnaturschutzgesetz ebenfalls eindeutige Vorgaben:   Für das Land Baden-Württemberg ist die Erholung in Natur und Landschaft in §§ 43 ff. NatSchG geregelt. Das Fahren mit Fahrrädern ist auf hierfür geeigneten Wegen erlaubt, § 44 Abs. 1 S. 2 NatSchG. Auf Fußgänger ist Rücksicht zu nehmen, § 44 Abs. 1 S. 3 NatSchG.

Geeignet sind alle Wege von ausreichender Breite und Befestigung. Sie sollen ein gefahrloses Passieren von Fußgängern sowie im Gegenverkehr zulassen. Eine konkrete Wegesbreite ist nicht vorgesehen. Im Regelfall sind somit öffentliche Feldwege sowie selbständige Fußwege geeignet. Grundsätzlich nicht geeignet sind Fußpfade, Themenpfade oder Trimm-Dich-Pfade. Erst recht ist das Radfahren außerhalb von Wegen nicht gestattet (Rohlf, in: Rohlf/Albers, Naturschutzgesetz Baden-Württemberg, Komm., 2007, § 51 Rn. 6). Auch hier wollen wir in unserem dicht bebauten Raum die noch verbliebene Natur den so Berechtigten vorbehalten. Auch im Landschaftspark Neckaraue in Hochberg mit dem Themenweg Neckar.

10.4.2021/PJGauß, Remseck